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TSG Hoffenheim |
Die dritte Bundesliga |
Die TSG Hoffenheim gehört zu den Cinderella-Teams im deutschen Fußball, und auch in Hoffenheim ist die Erfolgsgeschichte
nicht ganz ohne äußere Einflüsse in Form von Geldspritzen möglich gewesen. Dietmar Hopp ist nicht nur der Namensgeber des Stadions, sondern auch der Mann im Hintergrund. Der 61jährige hat in seinem Leben schon so einiges unternommen, z. B. die Softwarefirma SAP gegründet und später verkauft, was ihn zu einem der reichsten Männer des Landes gemacht hat - Schätzungen reden von fünf Milliarden DM -, in Nordbaden für 50 Millionen Mark einen Golfplatz gebaut, auf dem heute auch schon mal die Weltelite antritt, den Adlern Mannheim das Überleben gesichert (als Gefallen für seinen Sohn) und eben den Fußballverein unterstützt, bei dem er selbst einstmals vor den Ball getreten hat. Dennoch soll alles anders sein als bei den seelenlosen Retortenteams der Branche. Bisher setzt man nur auf Talente aus der Region, und jeder Spieler geht - auch noch zu Regionalligazeiten - einem Beruf nach und betreibt Fußball als Freizeitsport. Seit fünf Jahren läuft in Hoffenheim ein Jugendförderungsprojekt, was den Nordbadenern weiteren Auftrieb bringen soll. Insgesamt kann man wohl sagen, daß Herr Hopp eine Philosophie verfolgt, die nicht unsympathisch klingt, allerdings ist wohl abzuwarten, ob die schönen Worte auch noch Gültigkeit behalten, sollte es mal abwärts gehen mit der TSG. Abwärts blicken muß der VfR Aalen, der - als stolzer Aufstiegsfavorit in die Saison gegangen - langsam in Zeitdruck kommt, den schönen Worten Taten folgen zu lassen. Ein Sieg und drei Niederlagen haben das Team erst mal in die Nähe des Tabellenendes gebracht, und bei einer Niederlage in Hoffenheim könnte es sich nach der aktuellen Runde auf einem Abstiegsplatz wiederfinden.
Nach dem Abtasten zu Beginn des Spiels übernimmt die TSG mit einem Doppelschlag die Initiative und sorgt
dafür, daß die Entscheidung bereits im ersten Abschnitt fällt, zeigen doch die Aalener danach keinen
echten Widerstand mehr. Das 6:0 für Hoffenheim muß am Ende als auch in dieser Höhe verdient bezeichnet werden und so langsam muß sich Aalener Trainer Willi Entenmann wohl den einen oder anderen Gedanken um seinen Job machen1. Wenn man die heutige Leistung als symptomatisch zugrundelegen darf, ist es aber eher das Personal auf dem Platz, das den falschen Job ergriffen hat, was in besonderem Maße für den Torhüter der Schwaben gilt. Ein wenig Support gibt es schon in Hoffenheim, obwohl die ganze Veranstaltung eher einen gewissen dörflichen Charakter trägt und nicht unbedingt zu den Glanzlichtern ihrer Liga gehört. Das Heimteam wird von etwa 50 Leuten lautstark unterstützt, die auch eine Trommel mitgebracht haben und vor allem mit ihrer gelegentlichen Selbstironie zu überzeugen wissen (In Europa kennt Euch keine Sau!). Aus Aalen haben ein harter Kern von vielleicht 20 Leuten und ein paar vereinzelte Schalträger auf den Sitzplätzen den Weg nach Hoffenheim gefunden. Hier versucht man mit Gesängen und einer kleinen Raucheinlage zu überzeugen. Insgesamt tut man den Schwaben wohl kein Unrecht, wenn man zu dem Schluß kommt, daß der Support passend zur heutigen Vorstellung des Teams eher Oberliga- als Zweitliga-Niveau hat. Das Dietmar-Hopp-Stadion liegt auf einem Berg oberhalb von Hoffenheim, das übrigens ein Teil der Gemeinde Sinsheim ist, und kann wohl als durchaus hübsche Anlage bezeichnet werden, wenn auch eine gewisse Seelenlosigkeit nicht zu übersehen ist. Drei Seiten sind mit Stehplatzstufen ausgebaut, wobei hinter dem einen Tor ein vom Rest des Stadions abgeteilter Gästebereich zu finden ist. An einer Seite hat man eine Tribüne mit blauen Schalensitzen errichtet, die im mittleren Drittel überdacht ist. Diese Plätze sind den Jahreskartenbesitzern vorbehalten, zwar sind die verkauften Sitzplätze ohne feste Zuordnung zu einer Schale, aber die Ordnungskräfte weisen den Besucher darauf hin, daß man die mittleren (und somit die überdachten) Blöcke freizuhalten habe. Für eine Flutlichtanlage hat das Hopp'sche Vermögen natürlich auch gereicht, allerdings wurde auf eine Anzeigetafel verzichtet. Dafür gibt es hinter der Gästekurve noch einen Nebenplatz, der (nach optischem Eindruck aus der Distanz) über einen Kunstrasenbelag verfügt und mit einer eigenen Flutlichtanlage ausgetattet ist. Sollte noch ein wenig Geld für Verbesserungsmaßnahmen in Hoffenheim vorhanden sein, so sollte man wohl mal über eine Renovierung der Eintrittskarten nachdenken. Die aktuellen Tickets sind nicht mehr als ausgedruckte Kassenbons auf Thermopapier und von daher als Unverschämtheit besonders gegenüber Besuchern, die Tickets sammeln, zu werten. Dabei kommt zu der Tatsache, daß die Karten nicht mehr hermachen als ein Supermarkt-Bon, noch erschwerend hinzu, daß der Aufdruck vermutlich nach ein paar Monaten nicht mehr lesbar sein wird.
Ein Teil der Informationen in diesem Bericht stammt aus dem Bericht Spätes Nebenlebenswerk im Dorffußball in der Tageszeitung (taz) vom 9.6.2001. Autor: Bernd Müllender
1 Trainer Willi Entenmann muß sich, wie groundhopping.de inzwischen erfahren hat, bereits seit dem zweiten Spieltag keine sorgen mehr um seinen Job machen. Seitdem hat der frühere Sportmanager Helmut Dietterle das Traineramt mit übernommen, wie man nach etwas Sucherei auch auf der Website der Schwaben finden kann. Trotzdem wäre es vielleicht keine schlechte Idee, diese Veränderung auf dem dort zur Schau gestellten Mannschaftsfoto zu dokumentieren.
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