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FK Partizan |
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Delije |
23.09.2006, Partizan, Superliga |
Das Belgrader Stadtderby Partizan gegen Crvena Zvezda führt die beiden erfolgreichsten Teams nicht nur der Ligen von Serbien
bzw. Serbien und Montenegro zusammen, sondern auch die Rekordmeister des früheren Staats Jugoslawien. Seit dem Zerfall des
früheren Balkan-Staats haben Partizan (8 x Meister) und Roter Stern (6 x Meister) 14 von 15 Titeln unter sich aufgeteilt,
in Jugoslawien waren 18 Meisterschaften an Crvena Zvedzda und deren 11 an Partizan gegangen, erst dann folgte Hajduk Split als erfolreichstes kroatisches Team. Zudem sicherte sich der Rote Stern 1991 kurz vor dem Zerfall des Landes noch den einzigen Titel im Europapokal der Landesmeister und einen von zwei Europapokalen Jugoslawiens. Aktuell stehen die heutigen Gäste an der Spitze der serbischen Liga, die in diesem Jahr erstmalig ohne die Beteiligung von Montenegro ausgespielt wird, während Partizan bei einem Saisonstart mit je drei Siegen und Niederlagen eher enttäuschend aus den Startlöchern gekommen ist, dafür aber die Qualifikation zum UEFA-Cup gegen den slowenischen NK Maribor geschafft hat und in der kommenden Woche in den Niederlanden einen 4:2-Vorsprung gegen den FC Groningen zu verteidigen hat, während Crvena Zvezda in der Champions League Qualifikation am AC Milan scheiterte und jetzt ebenfalls im UEFA-Cup aktiv ist, wo man demnächst daheim einen 0:2-Rückstand gegen Slovan Liberec aufzuholen hat.
Das Spiel ist von beiden Seiten schnell geführt, wobei vor allem die Gastgeber immer bemüht sind, Druck auf das Tor des Roten Stern
auszuüben. Dabei springt so manche Chance heraus, aber ein Treffer will einfach nicht fallen für die Schwarz-Weißen und mit zunehmender
Spieldauer wagt sich auch Crvena Zvezda immer mal wieder nach vorne und könnte dabei auch durchaus den einen oder anderen Treffer erzielen. Dominant bleibt allerdings das Team von Partizan, wobei vor allem in der zweiten Hälfte durchaus der Eindruck entsteht, daß die Abwehr von Roter Stern nicht immer sattelfest ist und ein Tor für die Gastgeber in der Luft zu liegen scheint. Rein will das Leder aber am Ende doch nicht, mit viel Einsatz und auch schon mal etwas Glück schaffen es die Gäste, ihren Kasten reinzuhalten und so ist das Remis am Ende nicht unverdient, auch wenn man bei Partizan sicherlich mehr Grund hat, mit dem Schlußresultat zu hadern, als beim Roten Stern.
Das Belgrader Derby gilt von den Fanszenen her als immer erlebenswert, da optisch und akustisch so einiges geboten wird, aber auch als
ein nicht ganz unbrisantes Spiel, da es oft im Rahmen der Partie zu Auseindandersetzungen zwischen den Fangruppen gekommen ist, teilweise in der ganzen Stadt. Inwieweit heute echte Derbystimmung herrschen wird, ist allerdings zweifelhaft, denn die Grobari, zu deutsch "Totengräber", die wichtigste Ultragruppe von Partizan, befindet sich im Streik gegen die Fußballabteilung, deren Vorstand zum Rücktritt gezwungen werden soll. Zwar ist man auswärts inzwischen wieder dabei, aber Heimspiele werden bestreikt und auch das heutige Derby soll da nicht ausgenommen werden. Am Ende zeigt sich, daß die Zuschauerzahl für einen Anlaß wie heute zwar mit unter 20000 eher schwach ist, daß es aber von beiden Seiten hervorragenden Support gibt, insbesondere auch von den Partizan-Fans, die eine größere Pyroshow abliefern, bei der das Spiel kurz unterbrochen wird, und es sonst immer wieder schaffen mit ihren Gesängen das Stadion zu rocken. Das gilt genauso für die Anhänger von Crvena Zvezda, die in voller Stärke um die führende Gruppe Delije erschienen sind. Auch sie führen eine größere Aktion der pyrotechnischen Art durch, wo es neben bengalischen Feuern auch Rauch in den Vereinsfarben Rot und Blau gibt und zwar soviel davon, daß die Partie gleich minutenlang ruht, während sich die Partizan-Fans demonstrativ vom Spielfeld abwenden und ihren Support mit dem Rücken in Richtung auf Rasen und Gästekurve weiterführen. Befürchtungen, es könnte sich um ein Operettenderby mit Schicki-Micki-Publikum handeln, werden am heutigen Tag weitgehend widerlegt, auch wenn wohl davon auszugehen ist, daß die Atmosphäre bei nicht support-belasteten Derbys noch um einiges intensiver ist, wenn Partizan und Roter Stern aufeinandertreffen. Bei der Ordnungsmacht ist man übrigens trotz Grobari-Boykotts auf einiges vorbereitet und ist mit einem großen Polizeiaufgebot angerückt, zu dem auch ein Hubschrauber gehört, der vor der Partie über dem Stadion kreist.
Das Stadion Partizan kommt als offene Schüssel daher, deren Sitze blockweise in unterschiedlichen
Farben gehalten sind und auf einer Längsseite die Aufschrift PARTIZAN tragen. Die Anlage verfügt über eine Laufbahn und in der Heimkurve über eine Anzeigetafel, überdachte Plätze sucht man allerdings fast vergeblich, denn nur die oberen Reihen einer Längsseite sind gedeckt. Besonders charakteristisch sind die Flutlichtmasten mit den sechseckigen "Fliegenklatschen", durch die man das Stadio Partizan schon von weitem leicht vom unmittelbar benachbarten Stadion Crvena Zvezda des Rivalen unterscheiden kann. Sollte diese Beschreibung den Eindruck erweckt haben, daß das Stadion nicht wirklich zeitgemäß und modern sei, so ist es exakt das, was man auch bei den Verantwortlichen Partizans denkt und so ist der Abriß und Neubau des Grounds bereits beschlossene Sache und bereits an die Firma Marazzi aus Bern vergeben. Wer das Stadion Partizan noch in der heutigen Form erleben will, muß sich in der laufenden Saison nach Belgrad aufmachen, denn unmittelbar danach soll der Abriß beginnen und am Ende soll eine hochmoderne Multifunktionsarena stehen, in der unter anderem ein Casino, ein Kino, ein Hotel und ein Einkaufszentrum integriert werden soll. Ob das aus Fansicht in allen Aspekten eine positive Veränderung darstellt, mag zweifelhaft sein, auf jeden Fall gewährt der FK Partizan seinen Anhängern bis zum Abriß der Anlage freien Zugang zu allen Meisterschaftsspielen bis auf das heutige Derby, ansonsten muß nur noch für die Partien im Europapokal ein Eintrittsgeld berappt werden.
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