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Alemannia Aachen |
17.08.2009, Neuer Tivoli, 2. Liga |
Der TSV Alemannia Aachen hat im letzten Jahr den vierten Platz der Abschlußtabelle der 2. Bundesliga
belegt und somit den Aufstieg in die Bundesliga knapp verpaßt. Ganz so knapp war es dann zwar auch
wieder nicht, da man bei vier Punkten Rückstand auf den 1. FC Nürnberg bereits vor dem letzten
Spieltag wußte, daß der Aufstiegszug ohne die 'Öcher' abfahren würde, aber natürlich kann die
Alemannia nur mit einem Ziel in die neue Saison gehen, nämlich ins Oberhaus zurückzukehren, dem man bereits von 1967 bis 1970 und in der Spielzeit 2006/07 angehört hatte. Auch der heutige
Gegner vom FC St. Pauli durfte im letzten Jahr kurzzeitig davon träumen, noch in den Kampf um den Aufstieg eingreifen zu können, schloß dann aber mit zwölf Punkten Rückstand im Mittelfeld auf Platz
acht ab. In dieser Spielzeit werden auch die Kiezkicker schon mal genannt, wenn es um die Favoriten für den Aufstieg geht, aber die Wahrheit ist wohl, daß sich kaum ein Team für eine Favoritenrolle anbietet und daß der Saisonverlauf auch bei den beiden heutigen Kontrahenten zeigen muß, wohin die Reise wirklich gehen wird.
In der Anfangsphase scheinen die Hamburger besser ins Spiel zu finden als der TSV, aber die ersten
nennenswerten Torchancen ergeben sich nach knapp einer Viertelstunde für die Alemannia. Nach einer
kleinen Schwächeperiode ist der FC St. Pauli kurz darauf wieder am Drücker und die schwache Defensive
der Gastgeber begünstigt jetzt Tore für die Hamburger, bei denen sich gleich zweimal Ex-Aachener Ebbers
bedankt und in den Minuten 24 und 29 für einen Doppelschlag sorgt. Ein weiterer Doppelschlag durch Naki und Bruns (35. und 39.) sorgt für einen 0:4-Halbzeitrückstand, der der Alemannia bereits frühzeitig die
Hoffnungen nimmt und das Heimdebut im neuen Stadion zu einer Pleite werden läßt, zumal den Gästen noch ein klarer Elfmeter verweigert wurde. Daß es am Ende vergleichweise glimpflich abgeht, liegt zum einen daran, daß die Kiezkicker im zweiten Abschnitt gleich zwei Gänge zurückschalten, und zum anderen daran, daß
das Aluminium einmal für Aachen rettet, so daß es bei einem weiteren Treffer bleibt, den der eingewechselte Rouwen Hennings vier Minuten vor Schluß erzielt. 0:5 ist sicher ein bitterer Heimauftakt,
aber letztendlich kann man in Aachen froh sein, daß die Braun-Weißen im zweiten Durchgang ihre pazifistische Seite präsentieren, sonst hätte die dilettantische Abwehrarbeit des TSV leicht mit der doppelten Menge an Gegentoren abgestraft werden können.
Auf Alemannia-Seite scheint man nicht gewillt zu sein, sich über das neue Stadion zu begeistern, da
es offensichtlich Unstimmigkeiten zwischen Fanszene und Verein gibt, denn es werden Transparente
gezeigt, in denem dem Verein zum einen vorgeworfen wird, populistisch zu sein, und zum anderen werden
Räumlichkeiten für das Aachener Fanprojekt angemahnt und sich mit "Die Südkurve ist nicht Euer Bier"
Einmischungen im Aachener Fanblock verbeten. Bei den Gästen greift man dagegen mit einer
Choreographie zum Thema "Scheiß-DSF" bekannte Themen auf und läßt eine Viertelstunde Support-Boykott
folgen, der als Auswärtsblock freilich eher keinen Sinn macht und nicht weiter auffällt. Während der Partie wird es auf 'Öcher' Seite immer leise, während man bei St. Pauli in Feierstimmung kommt und auch nach dem Abpfiff sein Team frenetisch bejubelt. Kurz darauf ist dann aber leider niemandem mehr zum Feiern zu Mute, denn der schwere Unfall eines St. Pauli Fans, der beim Sitzen auf der Plexiglasabsperrung sechs Meter in die Tiefe stürzt, reanimiert werden muß und noch Tage nach dem Spiel in Lebensgefahr schweben wird, hat alle geschockt und den Freudentaumel der Hamburger in einen Schockzustand umschlagen lassen.
Mit dem neuen Tivoli steht der Alemannia seit dieser Spielzeit ein wahrer Prachtbau zur Verfügung, der
für relativ bescheidene 50 Millionen Euro in unmittelbarer Nähe zu seinem Vorgänger errichtet wurde.
An der Frontfassade ist der Name das Stadions in großen Lettern zu lesen, ebenso wie auf der
Gegentribüne mit ihren Sitzen in den Vereinsfarben Gelb und Schwarz. Der Traditionsname wurde übrigens erhalten bzw. auf die neue Anlage übertragen, indem man ihn via Schuldverschreibung für insgesamt ca. 4,2 Millionen Euro an die eigenen Fans verkaufte. Das Stadion besticht vor allem durch seine Kompaktheit und die steilen Tribünen, wird aber sicherlich angesichts des Unglücks direkt vor seiner ersten Diskussion um die Sicherheit stehen. Fakt ist, daß der Gästeblock in der Diagonalen oberhalb des Marathontors eher unglücklich untergebracht ist und daß man wohl die passive Sicherheit erhöhen könnte, indem man unterhalb der etwa hüfthohen Plexiglasbegrenzung nach vorne ein Fangnetz anbringt oder indem man sie auf nicht ersteigbare Höhe vergrößern würde, auch wenn ihre Nutzung als Sitz- oder Stehplatz auch jetzt bereits offensichtlich und für jeden erkennbar nicht vorgesehen ist. Weitere Nachteile des Gästeblocks sind zum einen, daß der Stehplatzbereich im Gegensatz zu dem der Heimfans, die eine komplette Hintertortribüne nutzen können, sehr klein ist und daß zusätzlich noch eine Mauer zur Haupttribüne hin einen signifikanten Anteil dieses Stehplatzblockes faktisch unnutzbar macht.
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