Africa Cup of Nations 2008 - Eine Woche in Ghana
Diary of some Groundhopping
Übersicht Reiseberichte
Teil 1
Teil 2
Kleine Verluste kommen schon mal vor...
Schon in Accra ist man unter anderem von Ruby mehrmals gewarnt worden, auf sein Zeug zu achten und auch diverse andere
Afrikaner haben immer wieder mal drauf hingewiesen, daß man auf seine Taschen achten solle. Das das nicht ganz abwegig ist,
geht auch aus den von anderen Touristen gehörten Berichten hervor, denen so einiges abhanden gekommen ist, angefangen mit
Bargeld und Geldbörsen bis hin zu Mobiltelefonen und Fotoapparaten. Schön blöd ist es also, wenn man sich zwischen den Spielen Tunesien gegen Senegal und Angola gegen Südafrika
aufmacht, um Getränke und Speisen zu kaufen und dabei ein Handy lose in
der Tasche mit sich rumträgt, besonders, wenn man zunächst am
halbleeren Getränkestand Cola und Wasser erwirbt (für je 0,5 GHC
übrigens) und dann am überfüllten Imbißstand, wo man auf Fisch
mit Reis und Sauce wartet, die Getränke in der Hand zu halten, die so
nicht zur Kontrolle der Hosentasche zu verwenden ist. So kann man sich
also nicht beklagen, wenn man schließlich das Futter in der Hand hält,
das Telefon allerdings seinem Attribut "mobil" alle Ehre gemacht hat
und über alle Berge ist. Auch ein Anruf in der Hoffnung, so was wie
"You found my lost mobile. I'll give you a reward if you return it"
anbringen zu können, bleibt erfolglos, also heißt es Mund abputzen,
Heimat kontaktieren und SIM-Karte sperren lassen und dabei im Blick
behalten, daß es kaum ein so vergleichbar armes Land wie Ghana gibt, in
dem sich Touristen so ungefährdet bewegen können - auch nachts kann man
sich selbst in den Großstädten bewegen und die Gefahr, mit
vorgehaltener Waffe ausgeraubt zu werden, ist kleiner als in den
meisten europäischen Metropolen.
Deja Vu
Nachdem man den Tag in der Cafebar des Hotels ausklingen läßt, heißt es wieder früh zu Bett gehen, denn am nächsten Tag soll es
bereits
um 5:00 Uhr mit einem vorbestellten Taxi zum Flughafen gehen, um dort
den (recht frühen) Check-In nicht zu verpassen. Man läßt sich noch
mehrmals versichern, daß das Taxi tatsächlich bestellt ist und auch
wirklich um die Zeit kommt und als man schließlich zur vereinbarten
Zeit an der Rezeption auftaucht, heißt es "Good morning! Do you want me
to call your taxi now?" - das hatten wir doch schon mal mit einem
Frühstück! Dennoch ist man pünktlich an dem kleinen Inlandsflughafen
und dort mahlen die Mühlen langsam, so daß man wohl noch später hätte
auftauchen können. Als Abfertigungshalle erweist sich ein kleiner
Holzschuppen, das Gepäck wird von Hand durchsucht (obwohl im moderneren
Terminal nebenan sowas wie Röntgengeräte zu stehen scheinen) und zwei
Flüge - Citylink und Amtrak - nach Accra werden nahezu gleichzeitig
abgefertigt, so daß am Ende mindestens ein Passagier in spe mit
Amtrak-Ticket am Citylink-Flieger seht, während seine gebuchte Maschine
bereits gen Accra unterwegs ist.
Wieder in Accra
Wer sich unter einem Inlandsflug in Afrika eine halsbrecherische Aktion
mit einem altersschwachen Fluggerät vorgestellt hat, wird
enttäuscht
(oder positiv überrascht - wie auch immer). Das Flugzeug vom Typ Saab
340 ist augenscheinlich in bestem technischen Zustand und einem ruhigen
Flug folgt eine der sanftesten Landungen, die ich je erlebt habe. Am
Flughafen wartet bereits wieder Ruby auf uns, um mit uns zurück zur
Travella Lodge zu fahren, wo wir erst mal etwas Schlaf nachzuholen
gedenken. Das Mißgeschick mit dem Handy bleibt natürlich unerwähnt, um
sich ein "Das habe ich Dir doch gleich gesagt" zu ersparen, zumal Ruby
immer mehr eine leichte Tendenz zum Bemuttern zeigt und man dem keinen
Vorschub leisten will. Danach geht es in die Innenstadt von Accra, wo
man vor dem Spiel auf Rubys Vorschlag hin Schloß Christianborg
besichtigen will, aber da hat Frau "Reiseleiterin" die Rechnung ohne
den Präsidenten gemacht, denn wenn der wie zur Zeit im Regierungssitz
anwesend ist, werden dort Touristen gar nicht gerne gesehen und so kann
es nach einer lautstarken
Standpauke für Ruby von einem Wachmann am Eingang, der uns wohl schon
von weitem per Kamera ausgemacht hatte, direkt zurück zum Stadion
gehen, wo es zunächst vor halbvollem Stadion die Partie
Guinea gegen Marokko zu bestaunen gibt (3:2) und schließlich einen
mühsamen 1:0 Sieg von Ghana gegen den designierten Prügelknaben der
Gruppe, Namibia.
Cape Coast
Durch die sinnvollere Übernachtung in Cape Coast - aus Accra kommend
etwa 90 Kilometer vor Sekondi gelegen - will man sich heute und morgen
noch
zwei Attraktionen des Landes gönnen: nachdem man per Tro-Tro angekommen
ist, soll es noch zum Cape Coast Castle gehen, bevor man den Weg zum
Spielort fortsetzt und nach der Übernachtung im einfachen, aber sehr
netten Amkred Guest Home will man noch zum Kakum National Park mit
seinem berühmten Canopy Walk. Direkt am Haltepunkt des Minibusses
bandelt man so mit einem Taxifahrer an, der einen für den heutigen Tage
in der Stadt chauffiert und mit dem man sich für morgen früh
verabredet. Einen Kollegen, der uns nach Sekondi bringt, während des
Spiels auf uns wartet und danach wieder zurück fahren wird, vermittelt
er uns auch gleich. So kann es nach dem Einchecken im Hotel zur Burg
gehen, in der heutzutage ein Museum über afrikanische Kultur und
Lebensweise, aber auch über die Geschichte der Festung als
Handelsstützpunkt untergebracht ist - nicht zuletzt für den Sklavenhandel, - so daß es einiges zu sehen und
lernen gibt. Interessant übrigens, daß es typische Kindernamen gibt,
die sich auf den Wochentag beziehen, an dem jemand geboren ist und die
noch heute gebräuchlich sind. So trägt Ex-UN-Generalsekretär Annan den
Freitags-Jungennamen Kofi und tatsächlich wurde er an einem Freitag
(8.4.1938) geboren - mehr dazu siehe hier.
Fußball gibt es hier sogar auch zu sehen, denn ein paar Kinder haben
den Strand unterhalb des Forts in einen Bolzplatz umgewandelt, indem
sie einfach mit vier Stöcken Tore ausgezeichnet haben.
Wieder in Sekondi
In Sekondi kennen wir uns ja nun schon aus und
so geht es wieder direkt in das nigerianische Fandorf, wo man die zwei
Stunden vor dem
Spiel
zu verbringen gedenkt und von wo man recht kurzfristig vor dem Spiel
ins Stadon wechseln will, das man ja ebenso bereits besucht hat, so daß
keine besondere Eile geboten ist. Irgendwie wäre man aber wohl nicht in
Afrika, würde es nicht plötzlich doch noch eine überraschende
Entwicklung geben und so fangen die Sicherheitsleute im Stadion
plöztlich an, über Almuts mitgeführte Stifte zu lamentieren, daß die
doch spitz seien und als Stichwaffen geeignet. Die Diskussion geht hin
und her und am Ende darf Almut die Stifte dann doch mitnehmen, gerade
als sie sich damit abgefunden hat, sie hier zu hinterlegen - trotz des
Risikos, nach den Spielen niemanden mehr anzutreffen. Daraus soll man
nun schlau werden, mal ganz davon ab, daß Coladosen und Flaschen, die
im Stadion verkauft werden, offensichtlich keine Gefährdung der
Sicherheit sind. Nach den Spielen des heutigen Tages - einem 4:0 Sieg der Cote D'Ivoire gegen Benin sowie einem 0:0 zwischen Nigeria und Mali
scheint das Schicksal von Mitfavorit Nigeria und dessen Trainer Berti
Vogts jedenfalls besiegelt zu sein, weil alles im dritten Gruppenspiel
mit einem für beide nützlichen Remis zwischen der Elfenbeinküste und
Ghana rechnet.
Kakum National Park
Der Kakum National Park, der am Morgen des
Rückflugtages noch angesteuert wird, ist weniger wegen seiner Tierwelt
bekannt als wegen
des
spektakulären Canopy Walk, denn die sicherlich vorhandenen Tiere lassen
sich im dichten Regenwald nicht so gerne sehen, so daß fast alle
Touristen wieder abreisen, ohne viel davon zu Gesicht bekommen zu
haben. Der Canopy Walk dagegen dürfte bei fast allen bleibende
Erinnerung hinterlassen, handelt es sich dabei doch um einen mehrere
huntert Meter langen Rundweg über zu beiden Seiten gesicherte, aber
doch auch sehr wackelige Hängebrücken, die scheinbar harmlos in den
Hang hinein beginnen, dann aber in einer Höhe von bis zu 45 Metern
verlaufen, so daß sich manche gar nicht darauf wagen und andere
wiederum jeden Blick nach unten vermeiden. Tatsächlich handelt es sich
um eine äußerst interessante Erfahrung, ihn zu gehen und zusätzlich
befindet man sich in der ortskundigen Begleitung eines Wildhüters, der
so einiges über die Geschichte des Walkways und die hier wachsenden
Pflanzen und deren (vermeintliche oder tatsächliche?) Heilwirkung gegen
alles mögliche zu berichten weiß - darunter auch Bäume, die angeblich mit ihrem Duft Mosquitos fernhalten, die aber trotzdem in den Städten wegen der
Ignoranz deren Bewohner nirgends angepflanzt würden, wo man lieber per
chemischer Keule gegen Mücken vorginge.
Abschied nehmen
Mit dem Ende des Besuchs des Kakum National Parks ist auch mehr oder weniger das Ende der Reise gekommen, denn jetzt heißt es,
den
Flughafen Accra ansteuern, um den abendlichen Flug der Lufthansa -
wieder über Lagos - zu bekommen. So heißt es ab Cape Coast ein letztes
mal Tro-Tro fahren, wobei das Gefährt diesmal etwas länger braucht, um
sich zu füllen und am Ende sind ein paar Touristinnen aus den
Niederlanden mit an Bord, mit denen sich das eine oder andere Gespräch
ergibt. Aus Accra Central geht es dann zügig zum Flughafen, wo man
erst mal feststellt, daß Berti Vogts nirgendwo zu sehen ist - noch
scheint er seinen Job zu haben - und dann die Zeit bis zum Einsteigen
im Café verbracht wird - passend zur restlichen Reise bei einem
Fußballspiel, diesmal allerdings der TV-Übertragung von Kamerun gegen
Zambia aus Kumasi, wo man selbst vier Tage zuvor noch gewesen war. Der
Abflug selbst verzögert sich schließlich noch mal erheblich, da die
Maschine eine Reifenpanne hat und zuerst der Stickstoff zum Befüllen
des Ersatzrades fehlt und dann die passenden Schläuche platzen oder gar
nicht erst aufgetrieben werden können. Als man schon fast davon
ausgehen muß, wieder aussteigen zu müssen oder zumindest festzusitzen,
bis ein passender Schlauch aus Lagos eingflogen wird, hat es dann auf
einmal doch geklappt und die Maschine kann sich auf ihren Weg machen.
Letztendlich paßt diese Gechichte perfekt als Abschluß einer Tour, bei
der die Dinge selten exakt so gelaufen sind wie geplant, am Ende aber
immer irgendwie funktioniert haben - irgendwie scheint genau das auch
die Seele Afrikas (oder zumindest Westafrikas) auszumachen.
|